71 Lehrer-Stellen in Bottrop unbesetzt: LINKE fordert Maßnahmen gegen “Versagen auf allen Ebenen”

Sven Hermens

DIE LINKE. wirft Bund, Land und der Bottroper Schuldezernentin Verwerfungen in der Bildungspolitik vor und fordert Gegenmaßnahmen. In Bottrop fehlen zu Beginn des neuen Schuljahres ganze 71 Lehrkräfte, allein an den Grundschulen sind 32 Stellen unbesetzt. Das geht aus einer Anfrage der Ratsgruppe DIE LINKE. im Rat der Stadt Bottrop hervor, deren Beantwortung durch die Bezirksregierung rund sechs Wochen nach Schuljahresbeginn nun vorliegt.

Demnach sind jeweils zehn Stellen für Lehrkräfte an den Realschulen bzw. an den Gesamtschulen unbesetzt, jeweils sieben freie Stellen entfallen auf die Förderschule bzw. die Gymnasien und weitere fünf Lehrkräfte fehlen an der Sekundarschule.

An den Gesamtschulen führt der Personalmangel zu vereinzelten Unterrichtskürzungen. Betroffen seien insgesamt sechs Stunden Musik-, eine Stunde Religions- und 13 Stunden Sportunterricht. Am Heine-Gymasium sind mehr als doppelt so viele Stunden gekürzt worden, 45 an der Zahl. Sie verteilen sich auf die Fächer Chemie, Physik, Religion und Philosophie. An den anderen beiden Gymnasien sowie an der Sekundarschule müssten laut Bezirksregierung keine Unterrichtskürzungen erfolgen.

Das gilt auch für die Grundschulen, an denen insgesamt 32 Lehrerinnen und Lehrer fehlen. Dort gebe es keinen “strukturellen” Unterrichtsausfall, sagt die Bezirksregierung Münster. Möglich ist dies aber nur durch sogenannte “Abordnungen” von Lehrkräften aus dem Bezirk Borken an die Bottroper Grundschulen.

An Hauptschule und Berufskolleg sind keine Stellen unbesetzt, daher kann dort der Unterricht uneingeschränkt stattfinden.

Dazu Sven Hermens, bildungspolitischer Sprecher der LINKEN im Rat: “Nach Jahrzehnten der systematischen Vernachlässigung steht das Bildungssystem kurz vor dem Kollaps. 71 unbesetzte Stellen in Bottrop mit mindestens 65 Wochenstunden Unterrichtsausfall an den weiterführenden Schulen - das ist mal eben so viel Unterricht wie von zwei ganzen Schulklassen - und nebenbei Grundschulen, die nur noch den Betrieb aufrecht erhalten können, weil Lehrkräfte von außerhalb nach Bottrop abgeordnet werden: das ist das traurige, wenn auch so gewollte, Zeugnis der Schulpolitik der jetzigen und der vergangenen Landesregierungen. Lehrkräftemangel ist kein neues Problem, seit langem werden unsere Schulklassen immer größer, was zu mehr Belastung und Ausfällen bei den verbleibenden Lehrerinnen und Lehrern führt, sodass sich das Problem weiter verschärft. Vor allem aber hat niemand von CDU, SPD, FDP und Grünen die Absicht, diese Zustände zu ändern. Beim Etat des Bundeshaushaltes für Bildung und Forschung möchte die Ampel 2024 lieber fünf Prozent (ca. 1,1 Mrd. Euro) einsparen, anstatt endlich zu investieren. Die Landesregierung versucht sich indes daran, den Lehrkräftemangel schönzurechnen, indem sie einfach anderes Personal auch als Lehrkräfte zählt. Das von Ministerin Feller hochgelobte ‘Handlungskonzept Unterrichtsversorgung’ ist nicht geeignet, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Der Lehrerberuf muss strukturell wieder attraktiver werden, das geht nur über mehr Personal, gerechte Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen.”

DIE LINKE. fordert in einem am Montag veröffentlichten bundesweiten Eckpunktepapier ein 100 Mrd. Euro - Sondervermögen für die Bildung, die Aufhebung des Kooperationsverbotes für die Ermöglichung von Investitionen durch den Bund und zusätzliches Personal für Verwaltung, Bürokratie und IT-Infrastruktur an den Schulen.

“Es kann nicht sein, dass wir in unserem reichen Land Geld für Waffen haben, aber die Schulen und die Kinder weiter verelenden lassen. Bei der Rüstung sind Scholz, Habeck und Lindner fix, doch für die Bildung tun sie nix. Allem voran brauchen wir jetzt dringend Investitionen in unser Bildungssystem und keine Aufrüstung”, findet Hermens.

Kritik übt die LINKE auch an der Bottroper Schuldezernetin Alexius-Eifert: “Im letzten Jahr hat uns die zuständige Dezernentin noch aktiv Zahlen über die damals 20 fehlenden Grundschullehrer vorgelegt. Bei nunmehr 32 offenen Stellen muss sie wegen fehlender Zahlen erst beim Land fragen. Wir erwarten von einer Schuldezernentin in dieser Lage einen ständigen Austausch mit den Landesbehörden und einen vehementen Einsatz für die Bottroper Schülerinnen und Schüler in Düsseldorf!”, so Hermens.