Bericht aus dem Stadtrat - 19. September 2023

Sven Hermens

Rathaus-Erweiterung, Saalbau-Zukunft, Angemessenheit der Kosten der Unterkunft, Rekommunalisierung der Reinigungsdienstleistungen, Neubau Feuerwache 1, AfD-Antrag zum Gendern

Was war eigentlich letzten Dienstag im Stadtrat los?

Bericht der Ratsgruppe DIE LINKE. aus der Sitzung des Rates der Stadt Bottrop am 19.09.2023

 

Die dreieinhalb-stündige öffentliche Sitzung mit insgesamt 26 Tagesordnungspunkten begann traditionell mit der Einbringung des Haushalts-Entwurfs für 2024 durch den Oberbürgermeister und den Kämmerer.

Nach nur wenigen Jahren mit "schwarzer Null" werden die kommenden Jahre wieder rote Zahlen für Bottrop bringen. Baukostensteigerungen, hohe Zinsen, Energiepreise, Inflation und mehr reißen ein Loch von über 60 Millionen Euro in Bottrops Stadtkasse für 2024. Weiterhin lässt das Land die Kommunen mit den Kosten für Flüchtlinge, Klimaanpassung, Verkehrswende usw. alleine. Auch die für 2024 angekündigte Altschuldenlösung für die Kommunen wurde um mindestens ein Jahr verschoben.

Aus dem Spardiktat des letzten Jahrzehnts wissen wir: Das bedeutet Kürzungen bei Personal, beim Sozialen, bei Kultur, bei der Jugend. Und das, obwohl das Land NRW per Verfassung dazu verpflichtet ist, die Kommunen auskömmlich zu finanzieren. Ohne eine schnelle und umfassende Neustrukturierung der Gemeindefinanzierung werden sich die Probleme der Kommunen nicht lösen lassen.

Dazu kommen Steuerausfälle durch das geplante Wachstumschancengesetz der Ampel, irgendwo zwischen einer und sechs Million Euro jährlich. Wir hatten den Antrag gestellt: Der Kämmerer und der OB müssen für die Haushaltsberatungen auch erläutern, mit welchem weiteren Minus hier zu rechnen ist und der OB soll sich gemeinsam mit MdB Gerdes in Berlin für einen finanziellen Ausgleich stark machen.

Unser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt worden.

 

Dann hat der Rat mit großer Mehrheit den Stopp des geplanten Rathaus-Erweiterungsbaus auf dem Saalbau-Gelände gestoppt und die Verwaltung beauftragt, Alternativen zu prüfen. Auch wir halten den Neubau derzeit für nicht realisierbar, aber: Er hätte zum einen ein Ende der teuren Anmietungen für einzelne Fachbereiche bedeutet und er hätte einen Saal für kulturelle Nutzungen beinhalten können. Deshalb haben wir beantragt, trotz des Stopps für den großen Neubau auch in den Alternativen Räume für kulturelles und bürgerschaftliches Engagement vorzusehen und außerdem, dass die Alternativen so groß sein müssen, dass wir von den Anmietungen dennoch weg kommen.

Da der Rat das leider beides abgelehnt hat, konnten wir der Vorlage nicht zustimmen.

 

Der Stadtrat beschließt jedes Jahr auch über die Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft, also unterhalb welcher Kosten keine aufwändige und belastende Einzelfallprüfung vorgenommen wird. Als letztes Jahr die Mieten um 10% gestiegen sind, gab es eine Erhöhung von nur 6%, in diesem Jahr kommen nur 2% dazu. Seit Jahren entfernen sich die KdU-Richtwerte also von den realen Mietpreisen. Verwaltung und Ratsmehrheit beharren dabei auf ihr "schlüssiges Konzept", das offenbar nur dahingehend schlüssig ist, möglichst wenig an die Bedürftigen zu zahlen.

Wir haben daher beantragt, die Grenzen um 10% zu erhöhen, was die Ratsmehrheit ebenfalls ablehnte.

 

Planungs- und Beschaffungsbeschluss Feuerwache 1:

Wir haben auch diesen weiteren Schritt zum Neubau der Feuerwache 1 abgelehnt, weil wir finden

- Die Fläche darf aus Gründen der Klimaresilienz und Frischluftzufuhr nicht bebaut werden!

- Es braucht eine dritte Feuerwache im Bottroper Süden, von der geplanten Fläche aus ist der Süden nicht rechtzeitig zu erreichen!

- Das Grundstück ist zu außergewöhnlich schlechten und teuren Bedingungen für die Stadt erworben werden - und das auch nur in Erbpacht, für ein Vielfaches des Wertes! Erst wurde es als alternativlos angepriesen; wenn das jedoch so wäre, hätte eine Enteignung vorgenommen werden müssen!

- Das Grundstück ist nur schwer bei anhaltendem Starkregen vor Überflutung zu schützen, das darf bei Feuerwachen nicht sein!

 

Seit Jahren fordern wir, dass die Reinigung städtischer Gebäude wieder kommunalisiert wird. Die Verwaltung will das ganz eindeutig nicht. Seither rechnet sie - nicht nachvollziehbar - obszön hohe Summen vor, die das kosten würde und zögert außerdem das Ganze hinaus. Zuletzt konnte der Rat sich einigen, nach Bochumer Vorbild ein Qualitätsmess-System für die Sauberkeit einzuführen. Dafür legte die Verwaltung dem Rat nun ein Konzept vor, das erneut - über angeblich nötiges Mehrpersonal - unfassbar teuer schien. Auf Antrag der SPD, den wir unterstützten, wurde die Vorlage OHNE das zusätzliche Personal beschlossen, sodass es erschwinglich bleibt. Ob mit oder ohne Mess-System: Reinigungskräfte verdienen mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen, das bekommen sie bei der Stadt Bottrop, nicht aber bei privaten Dienstleistern. Dann werden auch Klassenzimmer in Zukunft wieder sauberer.

 

War da noch was?

Die AfD hatte den Antrag gestellt, das Gendern zu ächten und es der gesamten Stadtverwaltung sowohl schriftlich als auch mündlich zu verbieten. Dafür haben sie natürlich keinen eigenen, aktuellen Antrag geschrieben, sondern den der AfD Gelsenkirchen von Juni 2022 kopiert und nur 2 Stellen gestrichen, die den Rechtspopulisten selbst wohl zu rechtspopulistisch waren. In der Debatte setzte der AfD-Fraktionsführer Engels die Verbrechen der Nationalsozialisten mit "dem Kommunismus" gleich, was außer unserem Ratsgruppensprecher niemand offen zurückgewiesen, kritisiert oder auch nur angesprochen hat.